Die Hochzeit des Highlanders

Die Hochzeit des Highlanders

von: Julie Garwood

beHEARTBEAT, 2021

ISBN: 9783751703314 , 479 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 4,99 EUR

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Die Hochzeit des Highlanders


 

1


England, 1108

Es war keine Liebe auf den ersten Blick.

Lady Brenna hatte keine Lust, brav Guten Tag zu sagen. Sie hatte weit interessantere Dinge zu tun, und sie war entschlossen, sich nicht davon abhalten zu lassen. Ihre Amme, eine missmutig wirkende, gottesfürchtige Frau mit schiefen vorstehenden Zähnen, sah das jedoch ganz anders. Mit der Entschlossenheit eines Wildschweins trieb sie Brenna im Stall in eine Ecke und stürzte sich dann auf sie. Da sie kleine Mädchen, die ihr entwischten, nicht leiden konnte, nutzte sie den Rückweg den Hügel hinauf und über den schlammigen Hof, um ihren Schützling, den sie am Arm mit sich zerrte, ausgiebig auszuschimpfen.

»Jetzt hört auf, Euch zu sträuben, Brenna! Ich bin stärker als Ihr, und ich lasse Euch bestimmt nicht los! O nein, Ihr habt schon wieder Eure Schuhe verloren, nicht wahr? Und wagt es ja nicht, mich anzulügen. Ich seh doch Eure Strümpfe unterm Rocksaum hervorlugen! Und warum schleift ihr das Zaumzeug hinter Euch her?«

Brenna zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Hab’ vergessen, es loszulassen.«

»Dann lasst es jetzt fallen! Sofort! Ihr vergesst immer alles, und wisst Ihr auch, warum?«

Brenna verdrehte die Augen. »Weil ich nicht aufpasse und nicht auf das achte, was ich tue, obwohl du mich immer dazu ermahnst, Elspeth.«

»Ihr hört mir einfach nicht zu, so ist das nämlich! Ihr macht mehr Ärger als all die anderen zusammen. Um Eure älteren Geschwister habe ich mir niemals Sorgen machen müssen. Sogar Eure jüngste Schwester ist braver als Ihr, und das, obwohl sie noch am Daumen lutscht und das Bett nässt! Ich warne Euch, Brenna. Wenn Ihr Euch nicht bald ein bisschen benehmt, dann wird Gott selbst seine wichtigen Aufgaben niederlegen und zu Euch herunterkommen müssen, um Euch ins Gewissen zu reden. Nun, wie gefällt Euch das, hm? Ihr könnt es doch auch nicht leiden, wenn Euer Papa Euch auf den Schoß nimmt und Euch wegen Eures schändlichen Benehmens tadelt, nicht wahr?«

»Nein, Elspeth. Das mag ich nicht. Ich versuche, mich zu benehmen, versprochen.«

In der Hoffnung, Elspeth würde ihr ihre Zerknirschung abnehmen, blickte sie traurig zu ihrer Amme auf. Diese schüttelte nur in übertriebener Verzweiflung den Kopf.

»Starrt mich ja nicht mit diesem Blick aus Euren großen blauen Augen an, junge Lady. Ich weiß genau, dass Ihr nicht einmal daran denkt, mir zu gehorchen! Himmel, wisst Ihr eigentlich, dass Ihr stinkt? Wo habt Ihr Euch bloß rumgetrieben?«

Brenna senkte rasch den Kopf und schwieg. Sie hatte eben gerade noch den größten Spaß dabei gehabt, die Ferkel durch den Schlamm zu jagen, und war dabei natürlich ein paarmal ausgerutscht. Erst als der Gerber die Sau mit ihren Kleinen wieder in den Koben gesperrt hatte, war ihr aufgefallen, was für einen Geruch sie ausdünstete.

Doch nun musste sie dafür bezahlen. Obwohl sie erst vergangene Woche ein Bad genommen hatte, stopfte man sie nun schon wieder in den Zuber – und das am helllichten Tag! Sie wurde von Kopf bis Fuß geschrubbt, und obwohl sie schrie und sich wehrte, ließ sich Elspeth nicht erweichen, sodass Brenna es schließlich aufgab. Unter nur noch schwachem Protest ließ sie sich von ihrer Amme ein blaues Kleid und die passenden, wenn auch zu engen Schuhe anziehen. Elspeth kniff sie fest in die Wangen, um Farbe hineinzubekommen, bürstete ihr Haar aus, bis die Locken glänzten, und zerrte sie dann schließlich wieder die Treppe hinunter. Brenna musste erst ihrer Mutter vorgeführt werden, bevor die Amme sie allein lassen konnte.

Matilda, Brennas älteste Schwester, saß bereits neben ihrer Mutter am Tisch. Die Köchin stand dabei und besprach die Speisenauswahl für das Abendessen mit ihrer Herrin.

»Mama, ich will keine Gäste begrüßen. Das ist so langweilig, wirklich.«

Elspeth trat hastig einen Schritt vor und stupste das Mädchen in den Rücken. »Still jetzt. Jammere nicht ständig. Gott mag keine Frauen, die ständig jammern.«

»Papa jammert auch ständig, und Gott mag ihn wohl«, sagte Brenna trotzig. »Deswegen ist Papa auch so groß. Nur Gott ist größer als Papa.«

»Wo hast du denn solch einen Unsinn her?«

»Papa hat es mir gesagt! Und jetzt will ich wieder raus! Ich renne auch nicht mehr hinter den Ferkeln her. Versprochen!«

»Ihr bleibt hier, wo ich ein Auge auf Euch halten kann. Ihr werdet Euch heute zusammennehmen. Ihr wisst doch, was geschieht, wenn Ihr nicht gehorcht, oder?«

Brenna wies zum Boden und wiederholte gehorsam die Drohung, die sie so oft schon gehört hatte. »Ich muss da runter.«

Das kleine Mädchen hatte nicht die leiseste Ahnung, was »da unten« war; aber es wusste, dass es schrecklich sein musste und dass sie dort nicht hinwollte. Wenn sie sich nicht änderte, würde sie es laut Elspeth niemals ins Paradies schaffen, und da wollte schließlich jedermann – ihre Familie eingeschlossen – hin!

Wo das Paradies war, wusste Brenna ganz genau, denn ihr Vater hatte es ihr erklärt. Das Paradies befand sich auf der anderen Seite des Himmels, das stand fest.

Brenna nahm an, dass es ihr im Paradies gefallen würde, aber im Grunde genommen war es ihr ziemlich gleich. Es gab nur eins, was ihr im Augenblick wichtig war: Sie wollte nicht noch einmal zurückgelassen werden! Noch immer hatte sie durch das, was ihre Mutter »unglückliche Umstände« nannte, mindestens einmal die Woche Albträume. Die furchtbaren Erinnerungen lauerten im hintersten Winkel ihres Kopfs und warteten nur darauf, im Dunkeln hervorzukommen und sie in Panik zu versetzen. Natürlich weckte ihr Geschrei jedes Mal ihre Schwester auf. Während Elspeth anschließend alle Hände voll damit zu tun hatte, die kleine Faith zu beruhigen, tappte Brenna, ihre Decke im Schlepptau, zur Schlafkammer ihrer Eltern. Wenn ihr Papa nicht da war, weil er wichtige Aufgaben erledigen musste, die der König nur einem so treuen und vertrauenswürdigen Untertanen wie ihrem Vater geben konnte, schlüpfte sie in das große Bett und rollte sich neben ihrer Mutter zusammen. Wenn ihr Vater zu Hause war, legte sie sich auf den kalten Boden direkt neben Courage, dem prächtigen Schwert mit dem silbernen Griff, das ihr Vater laut ihrer Mutter mindestens genauso sehr liebte wie seine Kinder. Brenna fühlte sich geborgen, wenn ihr Vater daheim war, denn sein lautes Schnarchen schläferte sie jedes Mal zuverlässig ein. Wenn sie bei ihren Eltern schlief, versuchte kein Dämon, durch das Fenster hereinzuklettern, und kein Albtraum wagte es, sie heimzusuchen. Ihre Eltern beschützten sie.

»Bitte sag Brenna, dass sie still sein soll, wenn die Gäste kommen, Mutter«, maulte Matilda. »Sie brüllt jedes Wort heraus. Warum macht sie das? Ob sie es sich jemals abgewöhnen wird?«

»Natürlich, Liebes, das wird sie«, erwiderte ihre Mutter geistesabwesend. Matilda war von Natur aus zänkisch, aber nun, da ihre Brüder fortgegangen waren, um zu lernen, dem König so unersetzlich zu sein, wie ihr Vater es war, hatte sich dieser Charakterzustand verstärkt. Für Brenna wurde sie langsam zu einem ähnlichen Ärgernis wie Elspeth.

»Du bist wie ein Splitter im Hintern, Mattie«, sagte Brenna.

Ihre Mutter warf ihr einen flüchtigen, wenn auch strafenden Blick zu. »Du sollst nicht solch gewöhnliche Reden führen, Brenna, hast du mich verstanden?«

»Ja, Mama, aber Papa sagt, sein Hintern tut ihm ständig weh. Er sagt, er hat da was, das fürchterlich schmerzt!«

Ihre Mutter schloss die Augen. »Reiz mich nicht, Kind.«

Brenna ließ die Schultern nach vorne sacken und versuchte, schuldbewusst auszusehen. »Mama, warum sagt mir ständig jemand, was ich tun darf und was nicht? Hat mich denn gar keiner lieb?«

Ihre Mutter war nicht in der Stimmung, ihre kleine Tochter zu trösten. Sie deutete auf eine Ansammlung von Stühlen auf der anderen Seite des Saals. »Setz dich dort hin, Brenna. Tu mir den Gefallen und sag erst wieder etwas, wenn dir jemand die Erlaubnis gibt. Und jetzt gehorche!«

Unglücklich setzte sich Brenna in Bewegung.

»Lass sie nicht zu lange allein dort sitzen, Mutter. Der unglückliche Vorfall hat sie sehr schwierig gemacht. Papa sagt, dass sie wohl eine Weile braucht, um sich davon zu erholen.«

Mattie verteidigte sie! Brenna war vollkommen überrascht, dass ihre Schwester für sie eintrat, auch wenn es Matildas Aufgabe war, auf Brenna aufzupassen, solange ihre Brüder fort waren. Dennoch machte es sie wütend, dass ihre Schwester das Unaussprechliche erwähnt hatte. Sie wusste ganz genau, wie sehr Brenna es hasste, daran erinnert zu werden.

»Ja, Liebes«, antwortete ihre Mutter. »Es braucht Zeit und Geduld.«

Mattie stieß einen lauten Seufzer aus. »Mutter, ich verstehe es nicht. Wie kannst du so gelassen davon sprechen? Hast du denn gar kein schlechtes Gewissen? Ich kann ja verstehen, dass man einmal ein Kind vergessen kann – aber gleich zweimal? Es ist wirklich ein Wunder, dass die Kleine dich überhaupt aus den Augen...